verschiedene Biersorten in Gläsern

Craft Beer: Mit Liebe gewürzt!

Ein Bier, bitte! Mit dieser Bestellung konnte man Jahrzehnte lang nichts falsch machen. Heutzutage erntet man in der gut sortierten Bar allerdings nicht selten irritierte Blicke. Geht es ein bisschen genauer? Darf es ein India Pale Ale sein oder lieber ein Porter? Fakt ist: Gut gewürztes Craft Beer ist in aller Munde.

  1. Pils, Weizen, Kölsch – diese Biersorten kennt jeder
  2. Craft Beer – ein Trend erfasst Deutschland
  3. Pale Ale, India Pale Ale, Porter – das geht über den Tresen
  4. Gut gewürzt – Chili-Bier und andere Spezialitäten

 Pils, Weizen, Kölsch – diese Bier-Sorten kennt jeder

An einem kühlen Bier führt in Deutschland kein Weg vorbei. Täglich fließen rund 22 Millionen Liter durch die Kehlen – nach Angaben des Deutschen Brauer-Bundes tranken wir 2016 pro Kopf im Schnitt rund 104 Liter. Dabei ist Pils das mit Abstand meistverkaufte Bier (über 50 Prozent). Ebenfalls beliebt sind Weizen- oder Weißbier. Außerdem wichtig: Kölsch, Alt, Schwarzbier – und natürlich die alkoholfreien Biere. „Die spannendsten Entwicklungen kommen allerdings aus der wachsenden Craft-Bewegung“, erklärt die Berliner Bier-Expertin Nina Anika Klotz.

Craft Beer – ein Trend erfasst Deutschland

Für Einsteiger muss kurz erklärt werden, was es mit dem Begriff „Craft Beer“ überhaupt auf sich hat. Frei übersetzt heißt „Craft“ nicht mehr als „von Hand gemacht“. Craft Beer wird in der Regel in kleinen Spezialitäten-Brauereien kreiert. Wenn man so will, ist es der Gegenentwurf zum industriell hergestellten Massenprodukt. In den Siebzigerjahren nahm der Trend zu kleinen, unabhängigen Brauereien in den USA Fahrt auf – seit etwa 2011 ist die Szene in Deutschland auf Erfolgskurs. Klotz sagt: „Wer Bier liebt, der möchte auch gerne wissen, wer es mit welchen Zutaten wo gebraut hat.” Produzent und Konsument rücken enger zusammen – ein Phänomen, das wir auch beim Thema Fleisch oder Kaffee beobachten können.

Pale Ale und Indian Pale Ale im Glas

Pale Ale, India Pale Ale, Porter – das geht über den Tresen

Quer durch die Republik sind Pale Ale, India Pale Ale und Porter besonders beliebt. Was man darüber wissen muss, fasst Natalie von Freude für uns zusammen. 2013 hat sie mit einem Freund in Hamburg die Craft-Beer-Brauerei „von Freude“ gegründet.

  • Pale Ale: Das helle, vollmundige Gebräu stammt ursprünglich aus England und ist das Hausbier fast aller amerikanischen Craft Breweries. Oft wird es mit Cascade- oder Amarillo-Hopfen gebraut. Entscheidend bei der Herstellung ist die sogenannte „Kalthopfung“. Auf das Thema Kochen übertragen könnte man sagen: Es wird am Ende nachgewürzt. Über 400 Hopfensorten gibt es – jede entfaltet ein spezielles Aroma.
  • India Pale Ale: Dieser Variante des Pale Ale wird eine Extraportion Hopfen verpasst. Sie gibt die Geschmacksrichtung vor. Zitrus, Pinienwald, Honig oder Gras-Aromen – vieles ist möglich. Wichtig: India Pale Ale ist in der Regel recht bitter. 70 sogenannte „Bittereinheiten“ sind keine Seltenheit. Zum Vergleich: Ein normales Pils hat nur rund 25 Bittereinheiten.
  • Porter: Auch das dunkle, oft fast schwarze Bier mit dem bräunlichen Schaum ist in der Craft-Beer-Szene äußerst beliebt. Es schmeckt meist süßlich-malzig, manchmal nach dunkler Schokolade oder nach Lakritz.

Auf Basis dieser drei Sorten werden die Craft-Beer-Brauer kreativ. Natalie von Freude: „Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. In unser Winterbier ‚Hygge‘ kommt zum Beispiel Ingwer, langer Pfeffer, weißer Koriander und Zimt. Aber auch Muskatnuss könnte in den Kessel.“ Unter das Reinheitsgebot (siehe Kasten) fallen diese Kreationen durch die Zugabe der Gewürze dann allerdings nicht mehr.

Reinheitsgebot
Über 500 Jahre Reinheitsgebot

Am 23. April 1516 erließen die Herzöge Wilhelm IV. u   nd Ludwig X. in Ingolstadt eine Vorschrift, die heute als das älteste Lebensmittelgesetz der Welt gilt. Im „Bayerischen Reinheitsgebot“ ging es unter anderem darum, die Qualität des im Mittelalter weit verbreiteten Getränks zu sichern beziehungsweise Verunreinigungen mit Wurzeln, Ruß oder Spänen zu unterbinden. Die Urfassung legte fest, dass Bier nur aus Wasser, Malz und Hopfen gebraut werden darf. Hefe wurde als wesentliche vierte Komponente erst später hinzugefügt.

Gut gewürzt: Chili-Bier und andere Spezialitäten

Wer Freunde mal mit besonders gewagten Aromen überraschen möchte, dem empfiehlt Nina Anika Klotz, die sich im Onlinemagazin www.hopfenhelden.de dezidiert mit der Craft-Bier-Branche befasst, folgende Exoten:

  • Gyp Wit: Wit-Biere stammen ursprünglich aus Belgien. Sie werden obergärig hergestellt und erhalten ihren fruchtig-frischen Geschmack durch die Beimischung von gemahlenen Orangenschalen und Koriander. Schmeckt besonders gut zu Meeresfrüchten.
  • Leipziger Gose: Eigentlich kommt diese wiederentdeckte Spezialität nicht aus Leipzig, sondern aus Goslar im Harz. Die säuerliche Gose wird mit Koriander und Salz hergestellt – der Einsatz von Milchsäurebakterien gibt dem Bier einen einzigartigen Geschmack. Die meisten Pils-Trinker rümpfen die Nase, gleichwohl räumt die Gose auf Wettbewerben immer wieder Preise ab.
  • Chili-Bier: Eine Spanierin und ein Schwede stehen hinter der kleinen Marke „Pirate Brew“. Sie brauen in Berlin primär Porter und Stout-Bier – sehr ausgefallen ist ihr „Crazy Bastard“. Der Sud wird zum Beispiel mit der Chilischote „Trinidad Scorpion“ gewürzt.

Ihr seid neugierig geworden? Na dann: Prost!

Natalie von Freude
Natalie Warneke ist Bierdesignerin aus Hamburg. Die Abstimmung von Essen und Bier ist für sie wie eine Kreation einer persönlichen Symphonie. Ihre Craft Beer Brauerei kann man in Hamburg in der Tarpenbekstraße 143 besuchen.
Nina Anika Klotz
Nina Anika Klotz ist Biersommelière und freie Journalistin aus Berlin. 2013 gründet sie die Hopfenhelden, das erste Craft Beer Magazin Deutschlands. 2017 erschien ihr Buch „99x Craft Beer – Die besten Biere, die man probiert haben muss“. Mehr Infos unter www.hopfenhelden.de